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Wiederbeschaffungswert

Der Wiederbeschaffungswert ist der Wert, den der Geschädigte für ein vergleichbares Fahrzeug bei einem seriösen Händler aufwenden muss.

Der Sachverständige berücksichtigt bei der Ermittlung des Wiederbeschaffungswertes alle wertbildenden Faktoren. Zu diesen gehören Fahrzeugalter, Laufleistung, Besitzverhältnisse, festgestellter Zustand, evtl. festgestellte Alt- und Vorschäden, die vorhandene Sonderausstattung und das Zubehör. Weiterhin wird die Fälligkeit der Hauptuntersuchung sowie die übrigen der wertbeeinflussenden Faktoren einschließlich der regionalen und saisonalen Marktlage berücksichtigt. Der Wiederbeschaffungswert, vor dem Schadeneintritt, bezogen auf den Schadentag, wird für die Beschaffung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeuges, in gleichem Abnutzungsgrad, bei einem seriösen Händler für Kraftfahrzeuge rückwirkend festgestellt.

  

  • Regelbesteuerte Fahrzeuge

Lediglich im Bereich von Nutzfahrzeugen und gewerblich genutzten Sonderfahrzeugen (Taxen) kann davon ausgegangen werden, dass diese Fahrzeuge nahezu ausschließlich als regelbesteuerte Fahrzeuge am Markt zu finden sind – unabhängig vom Fahrzeugalter. In diesen Fällen kann der Sachverständige den Wiederbeschaffungswert sowohl brutto wie auch netto unter Angabe des Regelsteuersatzes (derzeit 19%) angeben. In allen anderen Fahrzeugkategorien muss der Sachverständige sehr genau differenzieren, ob ggf. von Regelbesteuerung ausgegangen werden kann. So werden typischerweise Fahrzeuge des Luxusfahrzeugsegments mit ausweisbarer Mehrwertsteuer gehandelt, da die überwiegende Zahl derartiger Fahrzeuge als Geschäftsfahrzeuge entweder verkauft oder verleast wurden. Diese Tatsache wirkt sich naturgemäß auch auf das Angebot von vergleichbaren gebrauchten Fahrzeugen im Kfz-Handel aus.

Streng zu trennen von der Frage der Regelbesteuerung ist die Frage der Vorsteuerabzugsberechtigung des Geschädigten. Werden beispielsweise fünfjährige Fahrzeuge in einem Handwerksbetrieb beschädigt, so besteht kein Zweifel, dass der Geschädigte vorsteuerabzugsberechtigt ist. Je nach Typ des beschädigten Fahrzeuges dürfte es allerdings unmöglich sein, vergleichbare regelbesteuerte Fahrzeuge zu erhalten.

  

  • Differenzbesteuerte Fahrzeuge

Üblicherweise werden über den Fahrzeughandel, dessen Werte Grundlage der Wiederbeschaffungswertermittlung im Totalschadenfall sind, Gebrauchtfahrzeuge als differenzbesteuerte Fahrzeuge gemäß § 25a UStG angeboten. Danach fällt Mehrwertsteuer lediglich an auf die Differenz zwischen dem Händlereinkaufswert und dem Händlerverkaufswert. Die Händlereinkaufswerte der üblichen Gebrauchtwagenermittlungslisten müssen mit den tatsächlichen Geschäftsabläufen im Gebrauchtwagenhandel nicht übereinstimmen (z.B. regionale Besonderheiten). Da der Sachverständige auf diese konkreten Umstände keinerlei Einfluss hat, dürfte es ihm in aller Regel unmöglich sein, den konkreten Mehrwertsteueranteil im Rahmen der Differenzbesteuerung zu ermitteln. Entscheidend für die Schadenabwicklung ist jedoch in erster Linie die Feststellung, dass es sich bei dem Fahrzeug, für das der Wiederbeschaffungswert ermittelt wurde, typischerweise um ein Fahrzeug handelt, dass im Handel unter Berücksichtigung der Differenzbesteuerung angeboten wird. Unter Berücksichtigung der Handelsspannen, die üblicherweise zwischen 5 % und 15 % liegen, erscheint ein geschätzter Mehrwertsteueranteil von 2,5 % vom Wiederbeschaffungswert bei derartigen Fahrzeugen vertretbar. Bei Bedarf muss der Sachverständige hierauf hinweisen. Nach einer Untersuchung des BVSK aus dem Jahre 2002 werden etwa 75 % aller Gebrauchtfahrzeuge als differenzbesteuerte Fahrzeuge gehandelt. Dem gemäß kann zumindest davon ausgegangen werden, dass die Differenzbesteuerung der Regelfall im Gebrauchtwagenhandel ist.

  

  • Ältere Fahrzeuge - steuerneutrale Fahrzeuge

Insbesondere nach Einführung des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes zum 01.Januar 2002 hat der Kfz-Handel davon Abstand genommen, ältere Fahrzeuge – insbesondere Fahrzeuge, die älter als zehn Jahre sind– aufgrund der verschärften Haftungsbedingungen an Privatpersonen zu veräußern. Diese Tatsache hat der Sachverständige bei der Wiederbeschaffungswertermittlung zu berücksichtigen. Will der Geschädigte ein seinem Fahrzeug vergleichbares Fahrzeug erwerben, ist er auf den sogenannten Privatmarkt beschränkt, da entsprechende Fahrzeuge im gewerblichen Handel – zumindest im seriösen gewerblichen Handel – nicht angeboten werden. Die Mehrwertsteuerthematik stellt sich demnach bei derartigen Fahrzeugen nicht, da bei der Ermittlung des Wiederbeschaffungswertes am Privatmarkt weder Regelbesteuerung noch Differenzbesteuerung anzunehmen ist.